Tuesday, 6 May 2025

🍂 Wenn der Herbst Gnade zeigte (اگر خزان امان داد)

 


Wenn der Herbst Gnade zeigte,

wann immer du in der Stille deiner Gedanken
in die verschlungenen Kammern meiner Träume schielst,
halte das Kind
in deinen Armen,
das so groß ist
wie mein eigenes früheres Ich –

vielleicht
wird es sich befreien
von jenem stummen Kloß im Hals,
der jede Nacht
sein kleines Kissen
leise durchnässt.

Ein Kind,
so alt wie die Fische im Sumpf,
erschöpft
von der Härte der Welt,
zappelt
am glasierten Rand
des Hofbrunnens.

Und jede Nacht
in Träumen,
so rauchgrau wie das Rohr des Ofens,
sieht es eine Zeile –
eingeritzt wie Keilschrift –
die Brandspur einer Kugel,
gezeichnet
in die Holzbank des Klassenzimmers,
noch duftend
nach Kampfer.

Wenn der Herbst Gnade zeigte,

dann wäre vielleicht
der graue Schleier der Morgendämmerung
endlich eingetroffen.

Ein Kind,
so rein wie alle Kinder,
hat seine Hoffnung
an ein treibendes Wölkchen
gebunden,

sitzt neben der Mauer,
wartet.
Für die Großmutter
hat es
jeden Tag
eine Abschiedssuppe geopfert.

Doch der Ast des alten Baumes,
erschöpft
vom Gewicht leerer Bänder,
zittert –

und auch der Herbst
hat
die Gnade
mit dem Leben
aufgegeben.



Arsalan – Teheran
24. April 2025


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